„Estland hat als nordisches Land eigentlich den Ruf, dass die Einwohner:innen sehr zurückhaltend, kalt und verschlossen sind“, erzählt Nelly. Dieser Gedanke hat Nelly vor ihrer Abreise nach Tallinn am meisten Sorge bereitet. Seit fast einem halben Jahr lebt sie nun in der Hauptstadt Estlands – und ob sich das Klischee bewahrheitet hat? „Glücklicherweise nicht. Ganz im Gegenteil: Von Tag Eins wurde ich herzlichst aufgenommen!“, sagt sie.
Anders nimmt Livia die Gastfreundschaft der Franzosen wahr. Die Steinbacherin lebt seit September 2024 in Frankreich - viele Leute dort seien offen und herzlich. „Andererseits ist es mir auch schon passiert, dass sie mir sofort den Rücken zudrehen, wenn sie merken, dass ich nicht perfekt ihre Sprache rede“, reflektiert sie. Insgesamt fühlt sie sich aber sehr wohl in Frankreich. Auch Xaver, der von Ottensheim nach Saragossa gereist ist, fühlt sich sehr aufgenommen in der fünftgrößten Stadt Spaniens.
Genau wie Nelly und Livia befindet sich Xaver im Ausland, weil er dort einen Freiwilligendienst über das Europäische Solidaritätskorps (ESK) macht. Alle drei arbeiten in sozialen oder interkulturellen Projekten, die über Freiwilligenorganisationen im jeweiligen Gastland laufen. Von dort bekommen sie – neben einem Taschengeld – auch eine gratis Unterkunft gestellt, die sie sich mit weitern Freiwilligen teilen. Für Nelly ist das Zusammenleben mit Menschen aus ganz Europa einerseits die größte Herausforderung, andererseits aber auch der größte Lernprozess am Leben im Ausland. „Die Wohnungen sind meist auf das mindeste reduziert. Finde ich grundsätzlich nicht schlecht aber im Vergleich zu Österreich ist in Spanien das Wohnen mit mehr Sorgen verbunden“, beschreibt Xaver.
Und die finanzielle Situation? Sie variiert stark. „Ich habe ein bestimmtes Budget und muss es schon managen, um nicht auf meine Ersparnisse zurückzugreifen“, erklärt Xaver. Livia kommt gut mit ihrem Budget in Frankreich zurecht, weil Museen für unter 26-Jährige oft gratis und andere Aktivitäten sehr günstig sind. In Tallinn hingegen sind die Kosten für Lebensmittel oft teurer als in Österreich, beschreibt Livia. Und was ihr besonders auffällt ist, dass mehr geheizt wird als in Österreich, da die Winter kälter sind. Viele Leute haben deshalb eine eigene Sauna.
Trotz Sprachbarrieren in Frankreich oder der Teuerung in Estland sind sich die drei Oberösterreicher:innen einig: Die Auslandserfahrung möchten sie nicht missen. Xaver ergänzt: „Die Zeit hier in Spanien vergesse ich nie – und sie wird mein späteres Leben formen.“
- Freiwilligenprojekte in allen EU-Ländern und darüber hinaus.
- Möglich für alle zwischen 18 und 30 Jahren.
- Kosten für Unterkunft, Verpflegung und lokalen Transport werden von der Aufnahmeorganisation finanziert.
- Taschengeld, Versicherung, ein Sprachkurs und ein Reisekostenzuschuss gibt’s von der EU.
- Alle unter 24 erhalten die Familienbeihilfe.