Internet- und Gamingsucht
Als die Sucht zur Abhängigkeit wurde...
1964 wurde der Begriff „Sucht“ von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) durch „Missbrauch“ bzw. „Abhängigkeit“ ersetzt. Gründe dafür waren einerseits die Vieldeutigkeit des Begriffs und andererseits die negative Besetzung von diesem im Sinne einer moralischen Missbilligung (Schreiber, 2003). Der Ausdruck „Sucht“ kommt jedoch in zahlreichen etablierten Bezeichnungen wie z.B. Suchtprävention, Suchthilfe, Suchtkoordination, Suchtgedächtnis, Suchtmittelgesetz usw. vor, weswegen die Idee, prinzipiell auf den Begriff „Sucht“ zu verzichten, wenig praktikabel sein könnte.
„Du bist doch süchtig nach dem Zeug!“
Es wird wohl zahllose Familien geben, in denen dieser Satz in Zusammenhang mit digitalen Spielen schon gefallen ist. Beim überwiegenden Teil der Kinder und Jugendlichen ist die Faszination gerade für virtuelle Erlebniswelten eine Freizeitbeschäftigung unter vielen. Nur sehr wenige Menschen, die viel Zeit am Computer oder mit dem Handy verbringen, sind wirklich krankhaft süchtig. Trotzdem sollte man genauer hinschauen.
Wissenswertes
Die Internet- bzw. Onlineabhängigkeit wird meist als Abhängigkeitssyndrom bezeichnet und den Verhaltenssüchten zugeordnet. Von einer Verhaltenssucht spricht man, wenn eine Person dauerhaft oder häufig wiederkehrend ein bestimmtes Verhalten zeigt und dies in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen führt. Internetabhängigkeit wird im Unterschied zur Computerspielabhängigkeit aber z.B. (noch) nicht als eigene Krankheit angesehen.
Die WHO hat sich dem Problem der exzessiven Internetnutzung auseinandergesetzt und führt im ICD-11 erstmals das Problem der Computerspielabhängigkeit („Gaming Disorder") als eigenes Krankheitsbild an.
Info
Die internationale Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme – kurz ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) – ist das wichtigste und weltweit anerkannte Klassifikationssystem, nach dem medizinische Diagnosen gestellt werden. Dazu zählen auch psychische Erkrankungen wie beispielsweise Abhängigkeiten. Wird eine psychische Erkrankung gemäß der ICD-Kriterien diagnostiziert, können die Kosten einer Behandlung dieser zumindest teilweise von der Krankenkasse übernommen werden.
Abhängigkeitsmerkmale
Da schon der Begriff der Abhängigkeit hinsichtlich digitaler Medien unterschiedlich interpretiert wird, gibt es auch keinen eindeutigen Konsens über Merkmale, an denen eine Verhaltensstörung im Zusammenhang mit diesen erkennbar ist. Es lassen sich aber fünf abstrakte Abhängigkeitsmerkmale nennen, die sich bei den meisten Definitionen finden lassen. (Institut für Suchtprävention)
Wenn über längere Zeitspannen der größte Teil der Tagesfreizeit am Computer oder Handy spielend verbracht wird.
Wenn man die Kontrolle über die Computer- oder Handynutzung weitgehend verloren hat bzw. Versuche, das Nutzungsausmaß zu reduzieren oder die Nutzung zu unterbrechen, erfolglos bleiben oder erst gar nicht unternommen.
Wenn im zeitlichen Verlauf eine Toleranzentwicklung zu beobachten ist, d.h. die "Verhaltensdosis" zur Erreichung der angestrebten positiven Stimmungslage gesteigert werden muss.
Wenn Entzugserscheinungen als Beeinträchtigungen psychischer Befindlichkeit (Unruhe, Nervosität, Unzufriedenheit, Gereiztheit, Aggressivität) und psychisches Verlangen („craving“) nach dem Computer oder Handy als Folge zeitweiliger oder längerer Abstinenz davon auftreten.
Wenn wegen der Computer- oder Handynutzung negative soziale Konsequenzen in den Bereichen Schule, Arbeit und Leistung sowie soziale Beziehungen (z.B. Ärger mit Freunden oder Arbeitgeber) eingetreten sind.
Kleiner Test gefällig?
Wenn es dich interessiert, kannst du dich mal fragen, ob dir Folgendes bekannt vorkommt:
- Meine freie Zeit verbringe ich fast ausschließlich vor dem Computer.
- Wenn ich nicht vor dem Computer sitze, muss ich trotzdem immer daran denken.
- Ich bin regelmäßig viel länger online, als ich mir eigentlich vorgenommen habe.
- Ich versuche die Zeiten, die ich vor dem Bildschirm verbringe, zu verheimlichen. Werde ich darauf angesprochen, gebe ich wesentlich weniger zu, als es tatsächlich ist.
- Ich treffe mich eigentlich kaum mehr mit meinen (früheren) FreundenInnen oder unternehme was mit ihnen.
- Meine schulischen Leistungen oder meine Leistungen am Arbeitsplatz haben sich plötzlich extrem verschlechtert.
- Wenn ich nicht vor dem Bildschirm sitze, bin ich häufig echt mies drauf, ziemlich reizbar, nervös, aggressiv oder unzufrieden.
- Ich hab’ schon mehrmals versucht mir ein Zeitlimit zu setzen, schaff’s aber einfach nicht, mich daran zu halten.
Gedanken solltest du dir aber jetzt erst machen, wenn mindestens 4 der eben genannten Aussagen über einen Zeitraum von 6 Monaten auf dich zutreffen, richtige Sorgen ab 5 „Treffern“ im gleichen Zeitraum.
Das Institut für Suchtprävention setzt sich sehr eingehend und umfassend mit der Thematik Sucht und zahlreichen bemerkenswerten Aktivitäten für verschiedene Zielgruppen (Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen, Gemeinden...) auseinander.
Alle Mitglieder der ARGE Suchtprävention und deren Angebote.
- Ambulanz für Spielsucht des Kepler Universitätsklinikum Neuromed-Campus
- Anton-Proksch-Institut - Ambulante sowie stationäre Therapien für Internet- und Computerspielsüchtige
- Sigmund Freud Privatuniversität - Therapie- und Beratungsstelle für Mediensucht (Internet, Computerspiele, Handy, etc.)
- Verein Dialog - Hilfe für Angehörige und Online-Beratung